Neuköllner Kunstpreis 2023
by Lena Fliessbach
Silvia Noronha
Shifting Geologies, 2020 - fortlaufend
Ortsspezifische Installation
Erde, Sand, Stein, Kunststoff, Metall, Glas und andere Materialien nach Simulation des Gesteinsbildungsprozesses
In künstlerischen Recherchen, Langzeitstudien und interdisziplinären Kooperationen untersucht die Künstlerin Silvia Noronha Materialien als Archive der Zeit und die ihnen innewohnenden Geschichten. Aufgewachsen in Belo Horizonte, Minas Gerais, einem der größten Bergbaugebiete Brasiliens, lernte sie früh die Auswirkungen einer stark vom Menschen beeinflussten, industrialisierten Welt kennen. In ihrer fortlaufenden Arbeit Shifting Geologies unternimmt Silvia Noronha den Versuch, geologische Prozesse und zukünftige Landschaften zu simulieren. Dafür verwendet sie Zivilisationsmüll und vom Menschen geschaffene Objekte, die ihr zufällig im Alltag, auf der Straße und in ihrer unmittelbaren Umgebung begegnen. Hinterlassenschaften wie alter Teer, Plastik, Glas, Metall oder Elektroschrott fügt die Künstlerin mit natürlichen Materialien wie Erde, Ton oder Steinen zusammen. Diese Konglomerate setzt sie in einem aufwändigen Verfahren extremer Hitze und teils hohem Druck aus. Sie imitiert geologische Entwicklungen, um zu untersuchen, wie sich die Elemente verhalten und interagieren, wie sie ineinander verschmelzen und etwas Neues bilden. Silvia Noronha erforscht den Dialog der Materialien und testet ihre Grenzen aus. Während des Transformationsprozesses gibt die Künstlerin die Kontrolle über die entstehenden Formen ab. Das Ergebnis sind Skulpturen in Form von geologischen Körpern, die nicht nur ein Spiegelbild unseres täglichen Lebens, sondern auch ein Entwurf möglicher archäologischer Funde in ferner Zukunft sind.